Häufige rechtliche Fragen betreffend Stillen und Abpumpen der Muttermilch in einem Arbeitsverhältnis (FAQ)
- Können die Stillpausen zu Beginn und am Ende der Arbeitszeit bezogen werden, d.h. später zur Arbeit erscheinen und/oder früher die Arbeit verlassen?
- Zählt die Stillpause zur Arbeitszeit für die Festlegung der Länge der Stillpause?
- Kann die bezahlte Stillzeit kumuliert werden und einmal pro Woche bezogen werden?
- Kann die bezahlte Stillzeit kumuliert werden und alles auf einmal bezogen werden zur Verlängerung des Mutterschaftsurlaubes?
- Hat der Vater Anspruch auf bezahlte Stillzeit für die Ernährung des Babys mit abgepumpter Milch?
- Gelten die gleichen gesetzlichen Grundlagen für Stillen und Abpumpen am Arbeitsplatz?
- Wie lange muss der Arbeitgebende die Pausen zum Stillen als bezahlte Arbeitszeit gewähren?
- Habe ich bei Teilzeitarbeit auch Anrecht auf bezahlte Stillpausen?
- Kann ich als stillende Mutter verpflichtet werden, nach 20 Uhr oder am Wochenende zu arbeiten?
- Wer muss organisieren, dass während der Stillpause anfallende Arbeiten erledigt werden, falls diese nicht warten können?
- Besteht ein Recht auf Dispens für Tagesausflüge, Geschäftsreisen etc. wegen organisatorischen Schwierigkeiten für das Stillen?
- Hat man als Angestellte im Stundenlohn auch Anspruch auf bezahlte Stillpausen?
- Welche Gesetze gelten für Angestellte in öffentlichen Verwaltungen?
- Welche Gesetze gelten für Kadermitarbeiterinnen?
- Habe ich die Möglichkeit, den Betrieb zum Stillen zu verlassen?
- Muss ich während der Stillzeit Schichtarbeit leisten?
- Habe ich während der Stillzeit Kündigungsschutz?
- Darf der Arbeitgebende die Stillende zwingen, die Arbeit nach dem Mutterschaftsurlaub wieder aufzunehmen?
- Wer bezahlt die Stillberatung?
- Gilt das Arbeitsgesetz auch für internationale Firmen?
- Muss der Arbeitgebende einen Stillraum zur Verfügung stellen?
- Können die Stillpausen auch länger dauern?
- Hat der Arbeitgebende stillenden Müttern auch im Home Office die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben?
- Erhält eine Frau auch dann nur die effektiv zum Stillen gebrauchte Zeit als bezahlte Arbeitszeit gutgeschrieben, wenn im Büro keine geeigneten Räumlichkeiten zum Stillen bestehen und sie deshalb dafür nach Hause gehen muss?
- Besteht der Anspruch auf Gewährung der Stillzeit bei Teilzeitangestellten, auch wenn an einem zusätzlichen Tag gearbeitet wird, selbst wenn dadurch Überstunden generiert werden?
(aktualisiert 2024)
Häufige Fragen (FAQ) zum Mutterschutz
(
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO)
Ist Ihre Frage nicht beanwortet oder benötigen Sie eine Rechtsberatung? Wir unterstützen Sie gerne dabei. Melden Sie sich unter
contact@stillfoerderung.ch
1. Können die Stillpausen zu Beginn und am Ende der Arbeitszeit bezogen werden, d.h. später zur Arbeit erscheinen und/oder früher die Arbeit verlassen?
Art. 336c Abs. 1 Bst. C Obligationenrecht, OR
Die Annahme des Gesetzgebers ist, dass die Stillzeit während der regulären Arbeitszeit bezogen wird. Die Zeit zum Stillen muss vom Arbeitgebenden nur dann gewährt werden, wenn die Frau während der Arbeitszeit stillt und sie diese Zeit auch tatsächlich benötigt. Erfolgt das Stillen ausserhalb der Arbeitszeit, ist diese Zeit nicht an die Arbeitszeit anzurechnen.
Der Bezug der Stillpausen zu Beginn und am Ende kommt faktisch einer Verkürzung der Arbeitszeit gleich und bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgebendem.
Zu beachten ist, dass der Kündigungsschutz nur bis zur 16. Woche nach der Niederkunft besteht. Kündigt der Arbeitgebende das Arbeitsverhältnis nach diesen 16 Wochen, ist die Kündigung missbräuchlich, wenn ihm nachgewiesen werden kann, dass er wegen dem Stillen gekündigt hat. Eine missbräuchliche Kündigung ist zwar gültig, der Arbeitgebende kann jedoch zu einer Entschädigungszahlung verpflichtet werden.
zurück
2. Zählt die Stillpause zur Arbeitszeit für die Festlegung der Länge der Stillpause?
Art. 60 Abs. 2 ArGV 1
Ja. Die Pausen werden zur Berechnung der täglichen Arbeitszeit miteinbezogen. Bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden ist mindestens eine 30 minütige Pause, bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden ist eine mindestens 60 minütige Pause zu gewähren. Bei einer Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden besteht ein Anspruch auf mindestens 90 Minuten Pause.
zurück
3. Kann die bezahlte Stillzeit kumuliert werden und einmal pro Woche bezogen werden?
Nein. Der Arbeitgebende muss nur die effektiv gebrauchte Zeit zum Stillen als bezahlte Arbeitszeit gewähren. Die Zeit zum Stillen kann nicht kumuliert werden.
zurück
4. Kann die bezahlte Stillzeit kumuliert werden und alles auf einmal bezogen werden zur Verlängerung des Mutterschaftsurlaubes?
Nein.
Vgl. Antwort zu Frage 3.zurück
5. Hat der Vater Anspruch auf bezahlte Stillzeit für die Ernährung des Babys mit abgepumpter Milch?
Art. 35a Abs. 2 ArG
Nein. Der Arbeitgebende hat ausschliesslich stillenden Müttern Zeit zum Stillen zu gewähren.
zurück
6. Gelten die gleichen gesetzlichen Grundlagen für Stillen und Abpumpen am Arbeitsplatz?
Art. 60 Abs. 2 ArGV 1
Ja. Das Abpumpen von Milch ist dem Stillen gesetzlich gleichgestellt.
zurück
7. Wie lange muss der Arbeitgebende die Pausen zum Stillen als bezahlte Arbeitszeit gewähren?
Art. 60 Abs. 2 ArGV 1
Im ersten Lebensjahr des Kindes sind die zu gewährenden Pausen als bezahlte Arbeitszeit anzurechnen. Danach ist der Arbeitgebende nur noch verpflichtet, stillenden Müttern die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben, die jedoch nicht mehr als bezahlte Arbeitszeit angerechnet wird.
zurück
8. Habe ich bei Teilzeitarbeit auch Anrecht auf bezahlte Stillpausen?
Ja. Die Pausen für das Stillen sind abhängig von der täglichen Arbeitszeit. Ein Teilzeitpensum hat keinen Einfluss auf die zu gewährenden Pausen.
Vgl. Antwort zu Frage 2.zurück
9. Kann ich als stillende Mutter verpflichtet werden, nach 20 Uhr oder am Wochenende zu arbeiten?
Art. 35a Abs. 2 ArG, Art. 14 Mutterschutzverordnung
Bis zur 8. Woche nach der Niederkunft besteht ein Arbeitsverbot. Danach gibt es grundsätzlich keine speziellen Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht für stillende Mütter, welche die Arbeit wieder aufgenommen haben.
Leisten stillende Frauen jedoch gefährliche oder beschwerliche Arbeiten gemäss Mutterschutzverordnung oder liegt ein besonders gesundheitsbelastendes Schichtsystem vor, dürfen sie während der Stillzeit keine Nacht- und Schichtarbeit leisten.
zurück
10. Wer muss organisieren, dass während der Stillpause anfallende Arbeiten erledigt werden, falls diese nicht warten können?
Der Arbeitgebende ist für die Aufrechterhaltung des Betriebes verantwortlich.
zurück
11. Besteht ein Recht auf Dispens für Tagesausflüge, Geschäftsreisen etc. wegen organisatorischen Schwierigkeiten für das Stillen?
Art. 35a Abs. 1 ArG
Ja. Stillende Mütter dürfen während der gesamten Stillzeit nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden.
zurück
12. Hat man als Angestellte im Stundenlohn auch Anspruch auf bezahlte Stillpausen?
Ja. Entscheidend für den Anspruch auf bezahlte Stillpausen ist einzig die Dauer der täglichen Arbeitszeit.
Vgl. Antwort auf Frage 2. Die Art der Entlöhnung spielt dabei keine Rolle.
zurück
13. Welche Gesetze gelten für Angestellte in öffentlichen Verwaltungen?
Bezüglich der Bestimmungen zum Stillen sind in öffentlichen Verwaltungen nicht die Regelungen des Arbeitsgesetzes (ArG), sondern die Vorschriften des Bundes, der Kantone und der Gemeinden massgeblich.
Jedoch schreibt der Bundesrat in der Antwort auf die
Motion 23.4282 "Stillen am Arbeitsplatz soll Bundesrecht werden"
:
Auch ohne direkte Anwendbarkeit der in Artikel 35a des Arbeitsgesetzes (ArG, SR 822.11) und Artikel 60 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1, SR 822.111) festgehaltenen Stillzeiten auf die Verwaltungen des Bundes, der Kantone und der Gemeinden müssen diese ihren Arbeitnehmerinnen das Recht auf Stillen am Arbeitsplatz gewähren.
zurück
14. Welche Gesetze gelten für Kadermitarbeiterinnen?
Art. 3 Bst. d ArG, Art. 35a ArG, Art. 9 ArGV 1
Für Arbeitnehmerinnen in höheren leitenden Tätigkeiten gelten die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes zur Beschäftigung bei Mutterschaft nicht. Eine höhere leitende Tätigkeit führt aus, wer namentlich über weitreichende Entscheidungsbefugnisse verfügt oder Entscheide von grosser Tragweite im Betrieb massgeblich beeinflussen kann.
zurück
15. Habe ich die Möglichkeit, den Betrieb zum Stillen zu verlassen?
Ja. Der Betrieb hat der Frau die Zeit zum Stillen zu gewähren. Wo sie stillt, ist ihr überlassen.
zurück
16. Muss ich während der Stillzeit Schichtarbeit leisten?
Art. 14 Mutterschutzverordnung
Ja. Die Stillende geniesst über den Anspruch auf Stillpausen hinaus grundsätzlich keine weiteren Sonderrechte, ausgenommen, es handelt sich um ein besonders gesundheitsbelastendes Schichtsystem.
Vgl. Antwort auf Frage 9.
zurück
17. Habe ich während der Stillzeit Kündigungsschutz
Art. 336 Bst. b OR, Art. 336c Abs. 1 Bst. c OR
Der Arbeitgebende darf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in den 16 Wochen nach der Niederkunft nicht kündigen. Erfolgt eine Kündigung in dieser Zeit, ist sie nichtig, entfaltet demnach keine Wirkung.Kündigt der Arbeitgebende das Arbeitsverhältnis nach diesen 16 Wochen, ist die Kündigung missbräuchlich, wenn ihm nachgewiesen werden kann, dass er wegen dem Stillen gekündigt hat. Eine missbräuchliche Kündigung ist zwar gültig, der Arbeitgebende kann jedoch zu einer Entschädigungszahlung verpflichtet werden.
zurück
18. Darf der Arbeitgebende die Stillende zwingen, die Arbeit nach dem Mutterschaftsurlaub wieder aufzunehmen?
Art. 35a Abs. 1 ArG, Art. 16d EOG
Nein. Wenn die Stillende nicht damit einverstanden ist, kann sie der Arbeitgebende nicht zur Arbeit verpflichten, auch nicht nach der 16. Woche. Ab der 14. Woche entfällt jedoch ohne Arbeitsleistung der Anspruch auf Lohn.
zurück
19. Wer bezahlt die Stillberatung?
Art. 64 Abs. 7b KVG
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Hausbesuche der Hebamme, bis 8 Wochen nach der Geburt ohne Kostenbeteiligung. Ausserdem bezahlt sie drei Stillberatungen von einer Hebamme oder Still- und Laktationsberaterin (Pflegefachfrauen, Hebammen, Ärztinnen und Ärzte mit einer Zusatzqualifikation im Stillen). Bei der Stillberatung entfällt die Kostenbeteiligung in jedem Fall. Der Krankenversicherer gibt Auskunft über weitere Leistungen.
zurück
20. Gilt das Arbeitsgesetz auch für internationale Firmen?
Ja. Es gilt das Territorialitätsprinzip. D.h., das Arbeitsgesetz gilt auch für alle in der Schweiz in internationalen Firmen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
zurück
21. Muss der Arbeitgebende einen Stillraum zur Verfügung stellen?
Art. 34 ArGV 3
Stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können. Hierzu kann eine bequeme Liege in einem separaten Raum mit guten klimatischen Bedingungen dienen (z.B. Erste-Hilfe-Raum).
zurück
22. Können die Stillpausen auch länger dauern?
Art. 60 Abs. 2 ArGV 1
Ja. Es handelt sich bei diesen Bestimmungen nur um Mindestzeiten, die an die bezahlte Arbeitszeit anzurechnen sind. Benötigt die Frau zum Stillen mehr Zeit als ihr zusteht (
vgl. Antwort zu Frage 2), wird ihr diese überschreitende Stillzeit - ohne anderslautende Abmachung mit dem Arbeitgebenden - nicht als bezahlte Arbeitszeit angerechnet.
zurück
23. Hat der Arbeitgebende stillenden Müttern auch im Home Office die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben?
Art. 35a Abs. 2 ArG
Ja. Der Arbeitgebende hat stillenden Müttern die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben. Hierbei kommt es nicht auf den Ort an, wo die Arbeit verrichtet wird. Zur Vergütung der Stillzeit
vgl. Antwort zu Frage 7.
zurück
24. Erhält eine Frau auch dann nur die effektiv zum Stillen gebrauchte Zeit als bezahlte Arbeitszeit gutgeschrieben, wenn im Büro keine geeigneten Räumlichkeiten zum Stillen bestehen und sie deshalb dafür nach Hause gehen muss?
Der Arbeitgebende muss dafür sorgen, dass sich stillende Frauen unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können (
vgl. Antwort zu Frage 21) und er hat stillenden Müttern die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben. Der Umfang, welcher davon im ersten Lebensjahr des Kindes als bezahlte Arbeitszeit anzurechnen ist, beträgt:
- bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden mindestens 30 Minuten
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden mindestens 60 Minuten
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden mindestens 90 Minuten
Grundsätzlich muss der Arbeitgebende davon nur die effektiv gebrauchte Zeit zum Stillen als bezahlte Arbeitszeit gewähren,
vgl. Antwort zu Frage 3.
Sofern jedoch keine geeigneten Räumlichkeiten bestehen und die Frau deshalb zum Stillen nach Hause gehen muss, kann sie sich die ganze ihr zustehende Zeit zum Stillen als bezahlte Arbeitszeit anrechnen lassen (z.B. 30 Minuten bei einer täglichen Arbeitszeit von weniger als 4 Stunden, selbst dann, wenn die effektive Stillzeit unter diesen 30 Minuten liegt).
zurück
25. Besteht der Anspruch auf Gewährung der Stillzeit bei Teilzeitangestellten, auch wenn an einem zusätzlichen Tag gearbeitet wird, selbst wenn dadurch Überstunden generiert werden?
Art. 35a ArG
Ja. Schwangere und stillende Frauen dürfen nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Sofern eine stillende Frau einwilligt an einem zusätzlichen Tag zu arbeiten, besteht selbstverständlich auch an jenem Tag der Anspruch auf Gewährung der Stillzeit.
zurück